Einrichten eines Kalibrierlabors: Best Practices fur Verkabelung und Messleitungen

Das Kabelmanagement spielt eine wichtige, aber oft vernachlässigte Rolle bei der Einrichtung eines Kalibrierlabors. Kabel und Leitungen, die nicht korrekt verwaltet oder gewartet werden, können Messunsicherheiten verursachen, die Messungen beeinflussen und letztendlich die Kalibrierungsgenauigkeit beeinträchtigen.

Messleitungssatz Fluke TLK289 – Industrial Master

Tatsächlich ist unsachgemäßes Leitungs- und Kabelmanagement die Hauptursache für Messfehler in Kalibrierlabors. Die Einrichtung eines Kalibrierlabors mit Best Practices für das Kabelmanagement hilft jedoch, diese Fehler zu vermeiden. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rolle Kabel und Messleitungen in der Kalibrierung spielen, wie Sie sie auswählen, welche Best Practices es für ihre Wartung gibt und vieles mehr.

Welche Rolle spielen Verkabelung und Messleitungen bei der Kalibrierung?

Messleitungen und Kabel sind die elektrische Verbindung zwischen dem Kalibrator und dem Prüfling. Obwohl man Kabel und Leitungen nicht als elektrische Instrumente in einem Kalibrierlabor betrachtet, können sie Einflussgrößen wie Widerstand, Induktivität und Kapazität sowie dielektrische Absorption führen, die alle Messungen beeinflussen können. Störungen durch elektromagnetische Felder können ebenfalls ein Faktor sein, wenn das Kabel nicht ordnungsgemäß abgeschirmt ist.

Die Auswahl der richtigen Leitungen und Kabel, die Auswahl der richtigen Anschlüsse und sogar die Verwaltung der Kabel selbst sind wichtige Faktoren für eine präzise Kalibrierung. Eine Investition in die richtigen Kabel und Steckverbinder kann Ihnen Stunden bei der Fehlersuche nach Messfehlern sparen.

So wählen Sie die richtigen Kabel und Messleitungen aus

In der Präzisionsmesstechnik möchten Sie die einfachsten Verbindungen mit von Steckverbindern, Adaptern oder Leitungen aus den gleichen Materialien herstellen. Bei der Auswahl der Kabel und Messleitungen für Ihr Kalibrierlabor müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Sehen wir uns diese im Folgenden an.

1. Das Steckverbindermaterial auswählen

Der wichtigste Aspekt bei der Auswahl eines Steckverbinders ist die Art des Metalls. Sie sollten sicherstellen, dass der Steckverbinder aus demselben Metall besteht wie das Kabel. Das liegt daran, dass die Verwendung unterschiedlicher Metalle zu Problemen wie thermoelektrischen Spannungen führen kann, insbesondere bei Messungen niedriger Gleichspannung. Dies wird auch als Seebeck-Effekt bezeichnet.

Wenn möglich, sollten Sie Steckverbinder und Kabel aus reinem Kupfer wählen, um Unsicherheiten aufgrund von Temperaturdifferenzen zu vermeiden. Für optimale Ergebnisse verwenden Sie niedertemperaturgeeignete Tellurium-Kupfer- oder vergoldete Steckverbinder und vermeiden Sie Vernickelung.

2. Leitungen und Kabel auswählen

Es gibt zwar viele Arten von Leitungen und Kabeln, die Messtechniker verwenden, die drei häufigsten Typen sind jedoch Patchkabel, Messfühler und Koaxialkabel. Sehen wir uns nun die folgenden Kabeltypen an, damit Sie den besten Typ für Ihr Kalibrierlabor auswählen können.

Patchkabel

Patchkabel eignen sich am besten für Verbindungen vom Kalibrator zum Digitalmultimeter (DMM) und vom Kalibrator zum Prüfling sowie für Übertragungsmessungen. Sie haben in der Regel an jedem Ende denselben Steckverbinder, häufig einen Bananenstecker. Sie sind leicht zu beschaffen und lassen sich leicht stapeln, was es ermöglicht, bei Bedarf mehrere Verbindungen herzustellen.

In der Regel haben kostengünstige Sets keine Abschirmung, weshalb sie nicht für einige Präzisionsmessungen geeignet sind. Außerdem können sich die Metallzungen in den Bananensteckern mit der Zeit lockern, was zu Messfehlern führt.

Messfühler

Messfühler ermöglichen direkte und präzise Messungen, indem sie auf einer Leiterplatte oder einem anderen Stromkreis platziert werden. Sie werden oft mit vielen Zubehörteilen geliefert, zum Beispiel Krokodilklemmen, die mehr Anschlussmöglichkeiten bieten und die Verbindung etwa an schwer zugänglichen Bereichen eines Prüfgeräts erleichtern. 

Allerdings sind nicht alle Messfühler gleich. Hochwertige Messfühler sind oft mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattet, die sie zuverlässiger machen, z. B. mit einziehbaren Abschirmungen oder kompatiblem Clip-Zubehör.

Koaxialkabel

Koaxialkabel sind einfach anzuschließen und zu handhaben. Sie bieten in der Regel eine gute Abschirmung, die Messfehler verringern kann. Sie sind mit vielen Arten von Steckverbindertypen erhältlich, z. B. mit geradem Stecker des Typs N, BNC- oder SMA-Steckern, und sind eine gute Option, wenn der Prüfling über einen Koaxialanschluss verfügt. Sie können auch einen Adapter verwenden, um Koaxialkabel an Bananenbuchsen anzuschließen. 

Die meisten Koaxialkabel verwenden eine feindrähtige Geflechtschirmung als Außenleiter und haben eine Abdeckung zwischen 80 % und 98 %. Einige Kabel auf dem Markt verwenden einen Folienschirm anstelle eines Geflechts, um die Abdeckung auf 100 % zu erhöhen. Diese sind jedoch teurer und empfindlicher gegenüber Beschädigungen. 

Trotz ihrer hohen Abdeckung und Benutzerfreundlichkeit können Koaxialkabel auch eine hohe Kapazität aufweisen, die die Signalqualität beeinträchtigen kann. Einige haben auch einen definierten Biegeradius, und die Einhaltung dieses Biegeradius ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Abschirmung nicht beschädigt wird.

3. Den richtigen Abschirmungsgrad wählen

Verschiedene Arten von Verkabelungen und Kabeln können dazu beitragen, unerwünschte Signale im Stromkreis zu vermeiden. Es gibt zwar keine absolut richtige oder falsche Abschirmung, aber verschiedene Arten von Abschirmungen sind in bestimmten Situationen besser geeignet. Überlegen Sie, wie viel Abschirmung Sie für Ihre Anwendung benötigen und ob sie sowohl bei elektrostatischen als auch bei magnetischen Störungen wirksam ist.

Geflochtenes NetzFolieVerdrilltes Paar (Twisted Pair)Twisted Pair mit Folie 
VorteileAm häufigsten und preiswertesten100 % Abdeckung im Vergleich zu GeflechtReduziert elektromagnetische Felder und ist einfach zu handhaben und zu beschaffen; verschleißt nicht schnellAm besten zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern
Nachteile80 % bis 98 % Abdeckung im Vergleich zu FolieKann sich schnell verschlechtern, und Bruchstellen sind schwer zu erkennenNicht gut für Hochfrequenz-Wechselspannung und -Wechselströme aufgrund kapazitiver KopplungZiemlich teuer
AbschirmungsklasseGutSehr gutGutSehr gut

Best Practices für die Wartung von Kabeln und Leitungen in Ihrem Kalibrierlabor

Bevor Sie mit der Kalibrierung beginnen, müssen Sie Ihre Kabelkonfiguration als Teil der gesamten Einrichtung des Kalibrierlabors berücksichtigen. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten: 

  • Sicherheit: Alle verwendeten Leitungen und Kabel sollten die richtigen Spezifikationen für Spannung und Strom der jeweiligen Anwendung erfüllen.
  • Messkategorien: Messleitungen haben eine Kategorieeinstufung von I bis IV. Achten Sie darauf, dass Sie Leitungen mit der passenden Spezifikation verwenden.
  • Genauigkeit: Der Unterschied zwischen der Messung mit einem 3,5-stelligen Multimeter und einem 8,5-stelligen Multimeter ist signifikant­, und die Verkabelungsanforderungen unterscheiden sich entsprechend.
  • Umweltfaktoren: In welcher Umgebung werden die Leitungen verwendet? Ist sie kontrolliert? Gibt es äußere Einflüsse wie magnetische oder elektrostatische Felder, die die Messunsicherheit beeinträchtigen können?

Pflege und Reinigung der Steckverbinder

Steckverbinder sauber und in einwandfreiem Zustand zu halten, ist für genaue Messungen von entscheidender Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Hochfrequenz- (HF) oder Mikrowellenmessungen.

Halten Sie das Innere der Steckverbinder frei von Schmutz und Ablagerungen. Verwenden Sie dazu Isopropylalkohol, auch Isopropanol genannt, und entfernen Sie gründlich Staub oder Verunreinigungen. Sie können auch Druckluft aus einer Sprühdose verwenden, vermeiden Sie jedoch die Verwendung von Werksluftleitungen, da diese mit Öl aus dem Kompressor verunreinigt sein können.

Temperaturauswirkungen minimieren

Die Verwendung unterschiedlicher Metalle kann zwar Thermospannungen verursachen, doch auch Temperaturunterschiede zwischen Leitungen und Prüfling können zu Thermospannungen führen. Sie können dies vermeiden, indem Sie warten, bis die Temperaturen aller Geräte und Kabel der Umgebungstemperatur entsprechen. Sie können den Messbereich auch vor Zugluft schützen, indem Sie Verbindungen und Klemmen mit wärmeisolierendem Material abdecken. Vermeiden Sie außerdem, Kabel in der Nähe von Steck- oder Kontaktstellen zu berühren, wenn Sie die Verbindungen ändern.

Elektromagnetische oder statische Strahlung reduzieren

Strahlung stammt in der Regel von äußeren Quellen in der Umgebung außerhalb der Messung. Dazu gehören elektrische Störungen, die von Stromleitungen oder anderen Geräten wie Motoren, Lüftern oder Klimaanlagen ausgehen. Kommunikationsgeräte wie WLAN-Zugangspunkte und sogar Mobiltelefone, die im Labor verwendet werden, können ebenfalls hohe Signalpegel in der Nähe empfindlicher Messgeräte erzeugen und so selbst niederfrequente Gleichstrommessungen beeinträchtigen.

Eine Abschirmung kann diese Effekte mindern und Störstrahlung aus der Umgebung oder von Geräten beseitigen. Die meisten gut konzipierten Geräte verfügen über eine entsprechende interne Abschirmung, bei kostengünstigen Modellen ist diese jedoch möglicherweise nicht vorhanden. Die Verwendung von abgeschirmten Leitungen kann ebenfalls dazu beitragen, Strahlung zu vermeiden und die Messgenauigkeit zu verbessern.

Eine Abschirmung kann zwar bei Messproblemen helfen, die durch Strahlung oder elektromagnetische Störungen verursacht werden, doch Bewusstsein und sorgfältiger Umgang mit Umgebung und Geräten sind ebenso wichtig.

  • Stellen Sie sicher, dass jegliche Netzverdrahtung im Labor durch geerdete Kabelkanäle aus Metall geführt werden.
  • Schirmen Sie primäre Leistungskreise mit einer Netzerdung ab, schirmen Sie digitale Stromkreise mit der gemeinsamen digitalen Versorgung ab und verwenden Sie lokale Abschirmungen wie einen Faradayschen Käfig für empfindliche analoge Schaltungen.
  • Stellen Sie sicher, dass Leuchtstoff- und LED-Leuchten geerdete Metallgehäuse besitzen, um Störungen zu reduzieren.
  • Vermeiden Sie es, nicht benötigte Geräte in der Nähe empfindlicher Messungen zu betreiben.

Ein schneller Weg, um Störungen zu prüfen, besteht darin, niedrigfrequente Wechselspannungsmessungen (z. B. Millivoltwerte) durchzuführen. Wenn Sie dabei unerwartet hohe Werte erhalten, kann dies auf Störungen hindeuten. Schalten Sie gegebenenfalls nahegelegene Geräte aus, um zu prüfen, ob sich die Ergebnisse verbessern. So können Sie die Ursache der Störung leichter eingrenzen.

Magnetische Kopplungen und Schlaufen

Große Schleifen in der Verdrahtung sind anfälliger für Störungen als eng geführte Schleifen. Wenn Drähte nah beieinanderliegen, wird die Spannungsdifferenz minimiert und die Wahrscheinlichkeit von Störungen verringert. Koaxialkabel sind besonders effektiv, da ihre stromführenden Leiter konzentrisch verlaufen und elektrische sowie magnetische Felder kompensieren. 

Ein Magnetfeld muss senkrecht durch eine Schleife verlaufen, um Strom zu induzieren – im rechten Winkel zum Magnetfeld angeordnete Kabel können daher Störungen minimieren. Twisted-Pair-Kabel tragen ebenfalls zur Reduzierung der Schleifenfläche bei und sind besonders vorteilhaft bei hohen Strömen. Eine zusätzliche Abschirmung um die Leitungen herum oder eine größere Entfernung zu potenziellen Störquellen kann ebenfalls dazu beitragen, die Beeinflussung durch Magnetfelder zu reduzieren.

Instrumentenplatzierung oder Stapelung

Die Platzierung der Instrumente, zum Beispiel in gestapelter Anordnung, kann sich ebenfalls auf die Messwerte auswirken. Ein Gerät wie ein Netztransformator kann Magnetfelder mit einer Frequenz von 50 oder 60 Hertz erzeugen, die durch das Gerätegehäuse in andere Geräte einstrahlen. Wenn Sie ungewöhnliche Messwerte erhalten, ändern Sie die Anordnung der Geräte, um eine eventuelle Verbesserung zu prüfen.

Erdung

Erdschleifen durch mangelhafte oder uneinheitliche Erdung können Messfehler verursachen. Ein solches Setup kann dazu führen, dass ein Teil des Signalstroms über den Schutzleiter des Stromnetzes (Erdschleife über den Schutzleiter) zurückfließt.

Hier sind einige Tipps, um das Risiko von Erdschleifen zu verringern:

  • Schließen Sie den Kalibrator und den Prüfling an dieselbe Steckdose an.
  • Schließen Sie Geräte, die hohe Ströme in den Schutzleiter einspeisen, wenn möglich an einen separaten Stromkreis an.
  • Halten Sie Systemverbindungen so kurz wie möglich und verwenden Sie niederohmige Kabel, um Widerstände und Blindwiderstände zu minimieren. Koaxialkabel eignen sich besonders für Hochfrequenzsignale (HF).
  • Betreiben Sie kein Gerät, bei dem der Schutzleiter entfernt oder mit einem Adapterstecker („Cheater Plug“) überbrückt wurde. Das würde den Schutz vor elektrischem Schlag aufheben.

Geräteabschirmung

Durch die Abschirmung Ihres Geräts mit einem Faradayschen Käfig wird gewährleistet, dass empfindliche Messschaltkreise nicht durch elektrostatische oder elektrische Feldkopplung beeinträchtigt werden. Die Verwendung von Materialien wie Mu-Metall kann ebenfalls vor magnetischen Einflüssen schützen.

Welche Kabel- oder Messleitungsprodukte von Fluke eignen sich am besten für Ihr Kalibrierlabor?

Die besten Kabel- oder Messleitungsprodukte hängen von der Art der Messungen ab, die Sie im Labor durchführen.

Die besten Kabel zum Messen von Gleichspannung

Anwendungen mit niedrigem Widerstand: Verwenden Sie Niederspannungs- und nieder-EMF-Kabel, um die beste Leistung zu erzielen. Thermospannungen, die durch unterschiedliche Metalle entstehen, beeinflussen Gleichstrommessungen besonders stark. Wir empfehlen die Verwendung eines sicher an den Anschlussklemmen befestigten Kupferdrahts oder Gabelschuhs statt Bananenbuchsen.

Anwendungen mit hohem Widerstand: Verwenden Sie für hochohmige Anwendungen ein Kabel mit sehr hohem Isolationswiderstand und hochwertige Bananensteckerleitungen. Eine Polytetrafluorethylen-Beschichtung (PTFE) ist in der Regel die beste Isolationsoption.

Die besten Kabel zum Messen von Wechselspannung

Die Kabelkapazität hat eine größere Auswirkung auf Wechselspannungsmessungen, daher ist es wichtig, ein Kabel mit der geringstmöglichen Kapazität zu wählen. Ein hochwertiges, geschirmtes, isoliertes Twisted-Pair-Kabel mit einer Kapazität von unter 20 Pikofarad pro Fuß eignet sich gut zur Minimierung der Kapazität und verhindert, dass elektromagnetische Felder die Messung beeinflussen.

Koaxialkabel sollten nur in Messungen mittlerer Genauigkeit verwendet werden, da sie eine hohe Kapazität haben.

Fazit

Wenn Sie wissen, wie Messleitungen und Steckverbinder die Genauigkeit Ihrer Messungen und Kalibrierungen beeinflussen – und diese Faktoren durch Kabelauswahl und -Verwaltung verringern –, wird eine präzisere Kalibrierung sichergestellt und viele potenzielle Messprobleme werden vermieden.

Möchten Sie mehr über die Bedeutung von Kabeln und Messleitungen für die Kalibrierung erfahren? Sehen Sie sich diese Ressourcen an:

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