Darum sind Gleichstrom-Erdschlüsse gefährlich
Von Will White, Fluke Senior Application Specialist, DER
Erdschlüsse sind häufige Probleme in Solaranlagen (PV-Anlagen) und gehören oft zu den gefährlichsten Störungen. Wenn ein Gleichstromleiter (DC-Leiter) in einem PV-Array unbeabsichtigten Kontakt mit geerdetem Metall hat, entsteht ein Gleichstrom-Erdschluss, der zu elektrischen Bränden, Lichtbögen, Geräteschäden und schwerwiegenden Sicherheitsrisiken für das Personal führen kann.
Trotz ihrer Häufigkeit bleiben viele Gleichstrom-Erdschlüsse unentdeckt, insbesondere in großen oder älteren Solaranlagen. Wenn Sie verstehen, warum diese Fehler von Bedeutung sind – und wie Sie sie frühzeitig erkennen –, können Sie Ihre Mitarbeiter schützen, die Betriebszeit maximieren und die Zuverlässigkeit der Anlage gewährleisten.

Wann tritt ein Gleichstrom-Erdschluss auf?
Ein Gleichstrom-Erdschluss tritt auf, wenn ein stromführender Leiter (z. B. Gleichstrom führender Plus- oder Minusleiter) mit einer geerdeten Metalloberfläche (z. B. PV-Modulrahmen, Gestell, Kabelkanal oder Erdungsleiter) in Kontakt kommt. Dies führt dazu, dass Strom außerhalb des vorgesehenen Stromkreises durch Pfade fließt, die dafür nicht vorgesehen sind.
Mehr über die Grundlagen erfahren Sie im Beitrag Was ist ein Gleichstrom-Erdschluss in einer PV-Anlage?.
Auch wenn ein einzelner Fehler die Anlage meistens nicht sofort ausfallen lässt, erzeugt er dennoch einen Leckstrom, der die Schutzeinrichtungen umgeht und das Risiko im Laufe der Zeit erhöht.
Warum Gleichstrom-Erdschlüsse eine Brandgefahr darstellen
Die wahre Gefahr von Gleichstrom-Erdschlüssen liegt in der Kombination des unentdecktem Leckstroms und der Möglichkeit eines zweiten Fehlers.
Bei einer ordnungsgemäß geerdeten Anlage erzeugt der erste Erdschluss zwar einen Pfad zur Erde, ist aber möglicherweise zu schwach, um die Erdschluss-Schutzvorrichtung (GFP) auszulösen. Tatsächlich liegen viele Fehler unter 1 A und damit deutlich unter der Erkennungsschwelle älterer GFDI-Vorrichtungen zur Erdschlusserkennung und -unterbrechung.
Wenn in einem anderen Leiter ein zweiter Fehler auftritt, können die beiden Fehler einen parallelen Strompfad erzeugen, sodass der interne Schutz des Wechselrichters umgangen wird und große Stromstärken direkt durch die Metalloberflächen fließen. Dies kann:
- einen DC-Lichtbogenfehler verursachen, der ein Sicherheitsrisiko für das Personal darstellt
- Isolierung und Leiter zum Schmelzen bringen und dadurch die Anlage beschädigen
- Umliegende Materialien entzünden und dadurch einen Brand verursachen
Fallstudie: Der Brand von Bakersfield 2009
Ein häufig zitierter und durch Erdschluss verursachter Brand einer PV-Anlage ereignete sich 2009 im kalifornischen Bakersfield.
Bei einer Dachanlage mit 383 kW kam es zu einem 2,5-A-Erdschluss an einem Leiter mit 12 AWG. Die Anlage setzte ihren Betrieb fort, denn die Stromstärke war zu schwach, um die GFDI auszulösen.
Später trat ein zweiter Fehler auf: Eine Dehnungsfuge löste sich an einem Leiter mit 500 MCM und verursachte einen massiven Fehler mit 311 Ampere. Der Stromkreis wurde aber nicht unterbrochen, sondern der Strom floss durch den ursprünglichen kleinen Erdschluss zurück, wodurch der Leiter schnell überhitzte und einen Dachbrand auslöste.
Diese tragische Abfolge lässt vor allem zwei wichtige Punkte erkennen:
- Kleine Fehler sind nicht weniger gefährlich.
- Unerkannte Erdschlüsse können zu verheerenden Ereignissen ausarten.
Warum Erdschlüsse schwer zu erkennen sind
Die meisten Erdschlüsse, insbesondere intermittierende oder niederohmige, führen nicht genug Strom, um den normalen Erdschlussschutz auszulösen, insbesondere bei älteren Wechselrichtern mit Transformator.
Der Grund:
- Bei GFDI-Schutzvorrichtungen in Wechselrichtern mit Transformator bedarf es oft höherer Amperezahlen, um die Sicherung zum Schmelzen zu bringen.
- Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) in Wechselrichtern ohne Transformator sind empfindlicher, haben aber auch einen Schwellenwert von ca. 300 mA oder mehr.
- Umgebungsbedingungen (z. B. trockenes Wetter) können den Widerstand vorübergehend erhöhen und einen Fehler verbergen
- Isolationsdefekte können dazu führen, dass nur ein intermittierender Leckstrom auftritt (z. B. bei Regen oder Bewegungen des Nachführsystems).
Ohne proaktive Tests geht es daher nicht. Selbst wenn eine Anlage in Betrieb ist, können versteckte Fehler vorliegen.
Informieren Sie sich, wie Sie Ihre Anlage auf permanente und intermittierende Fehler testen:
- So testen Sie PV-Stränge auf intermittierende Erdschlüsse
- So testen Sie PV-Stränge auf permanente Erdschlüsse
- So testen Sie stromlose PV-Stromkreise auf Erdschlüsse
So führen Erdschlüsse zu Lichtbögen
Ein Erdschluss kann einen Lichtbogen verursachen, wenn das beschädigte Kabel einen hochohmigen Pfad erzeugt, der zu Wärmeentwicklung und Funkenbildung führt.
Gleichstrom-Lichtbögen sind aus folgenden Gründen besonders gefährlich:
- Sie können beliebig lange andauern, u. U. bis die Stromversorgung unterbrochen wird.
- Sie sind schwerer zu löschen als Lichtbögen bei Wechselstrom.
- Sie können umliegende Materialien entzünden (Staub, Kunststoff, Isolierung, Gras, Dachmaterialien).
Hochspannung führende PV-Arrays, z. B. mit 1.000 V DC oder 1.500 V DC, sind besonders anfällig für anhaltende Lichtbögen, wenn ein Erdschluss entsteht.
Lichtbogenüberschlag und Sicherheit von Personen
Neben Bränden können Gleichstrom-Erdschlüsse zu Lichtbogenüberschlägen führen, die ein lebensbedrohliches Risiko für die Techniker darstellen.
Wenn bei einer Anlage ein verborgener Erdschluss vorliegt und ein Sicherungsträger geöffnet oder ein Leiter von der Klemme abgezogen wird, kann das einen Stromkreis mit einem Kreisstrom öffnen und möglicherweise einen Überschlag verursachen. Das kann schlimmsten Fall folgende Konsequenzen haben:
- Schwere Verbrennungen
- Gehörschäden
- Verletzungen durch die Explosion
- Schäden an der Anlage
Aus diesem Grund ist es bei Arbeiten an unter Spannung stehenden Anlagen unerlässlich, vor dem Öffnen einer Trennvorrichtung ohne Lasttrennfunktion eine Stromprüfung durchzuführen und persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen, selbst wenn die Anlage normal zu funktionieren scheint.
Zur sicheren Durchführung einer Prüfung gilt für Techniker Folgendes:
- Testen Sie mit einer berührungslosen Strommesszange auf Strom im Stromkreis, bevor Sie Trennvorrichtungen ohne Lasttrennfunktion wie Sicherungsträger oder Modulverbindungen öffnen.
- Tragen Sie angemessene persönliche Schutzausrüstung.
- Elektrisch isolierte Handschuhe
- Flammhemmende Kleidung
- Gesichtsschutz oder Schutzanzug mit Lichtbogenschutz, je nach Größe der Anlage
So beschädigen Erdschlüsse die Anlage
Neben der Sicherheit beeinträchtigen Erdschlüsse auch die Leistung und Zuverlässigkeit der Anlage.
Wenn sie nicht erkannt und repariert werden, können sie:
- Wechselrichter mehrmals auslösen und dadurch die Betriebszeit einschränken
- falsche Daten in Überwachungssystemen verursachen
- am Fehlerort zu Korrosion oder langfristigem Verschleiß führen
- PV-Module, Anschlusskästen oder Rückleitungen zerstören
Zudem können wiederholte Auslösungen bei nicht diagnostizierten Fehlern andere Probleme überdecken und die Wartungskosten im Laufe der Zeit erhöhen.
Die Bedeutung der proaktiven Erkennung
Frühzeitige Erkennung und Isolierung sind das beste Mittel, der Gefahr von Erdschlüssen entgegenzuwirken. Mit Werkzeugen wie dem Isolations-Multimeter Fluke 1587 FC, dem PV-Multifunktionsgerät SMFT-1000 und dem Erdschluss-Ortungsgerät GFL-1500 können Techniker:
- Isolationswiderstandsmessungen durchführen
- Leiter mit geringem Erdungswiderstand erkennen
- betroffenen Stränge oder Stromkreise isolieren, bevor es zu größeren Schäden kommt
- Erdschlüsse genau orten
Hier erfahren Sie, wie Sie den Ursprung eines Fehlers finden: So orten Sie mithilfe von Spannungswerten Erdschlüsse in PV-Arrays
Und wenn Reparaturen nötig sind: So beheben Sie Erdschlüsse in PV-Anlagen
Konzeption für eine sicherere Erkennung von Erdschlüssen
Neuere Systemarchitekturen tragen dazu bei, das Risiko versteckter Fehler zu verringern:
- Wechselrichter ohne Transformator haben Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) mit höherer Fehlerempfindlichkeit
- Die modulseitige Leistungselektronik (MLPE) grenzt den Fehler auf ein einzelnes Modul ein.
- Ungeerdete oder schwimmende Anlagen verringern die Wahrscheinlichkeit ungewollter Erdungspfade.
Gleichwohl sind auch diese Technologien nicht absolut sicher. Regelmäßige Prüfungen und Dokumentation müssen Teil jedes Wartungsprotokolls sein.
Abschließende Gedanken
Gleichstrom-Erdschlüsse sind nicht nur ein Ärgernis, sondern stellen vor allem eine stille Bedrohung für PV-Anlagen dar. Werden sie nicht erkannt, können sie zu Bränden, Lichtbögen oder umfassenden Systemfehlern führen.
Zu verstehen, warum Erdschlüsse gefährlich sind, ist der erste Schritt hin zu sichereren und zuverlässigeren Solaranlagen. Der nächste Schritt besteht darin, mit den richtigen Testverfahren und Werkzeugen Maßnahmen zu ergreifen.
Über den Autor
Will White begann seine Karriere im Solarbereich 2005 bei einem kleinen Solaranbieter. Nach seinen Anfängen als Installateur arbeitete er in den Bereichen Vertrieb, Entwicklung und Projektmanagement und wurde schließlich zum Director of Operations ernannt. 2016 stieß er zum Schulungsteam bei Solar Energy International (SEI), wo er sich auf die Entwicklung von Kursinhalten und die Durchführung von Kursen zu Solaranlagen konzentrierte. Im Jahr 2022 wechselte White als Spezialist für Solaranwendungen zu Fluke, wo er den Bereich Testgeräte für erneuerbare Energien wie IU-Kurvenschreiber, Strommessgeräte und Wärmebildkameras betreut.
White hat Erfahrungen in den Bereichen Windkraft, Solarthermie, Energiespeicherung und PV in jeder Größenordnung. Er setzt sich leidenschaftlich für die Umsetzung hochwertiger, richtlinienkonformer Installationstechniken ein. Will White ist seit 2006 ein vom NABCEP zertifizierter PV-Installationsfachmann und war zuvor Solarwärme-Installationsfachmann mit NABCEP-Zertifizierung. Er hat einen B.A. in Business Management vom Columbia College, Chicago, und einen MBA von der University of Nebraska-Lincoln. In seiner Freizeit arbeitet er mit seiner Frau und Tochter auf dem Familienbauernhof mitten in Vermont, zu dem ein netzunabhängiges Strohballenhaus gehört.
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