Was ist ein Gleichstrom-Erdschluss in einer PV-Anlage?

Von Will White, Fluke Senior Application Specialist, DER

Bei jeder Photovoltaikanlage hängen Sicherheit und Betriebszeit von einer ordnungsgemäßen Erdung und Fehlererkennung ab. Wenn jedoch die Isolierung beschädigt wird oder Leiter mit geerdeten Komponenten in Kontakt kommen, können Gleichstrom-Erdschlüsse auftreten, die zu ernsthaften Risiken für Menschen, Geräte und Produktivität führen.

Ein Gleichstrom-Erdschluss ist eine der häufigsten, aber oft missverstandenen Störungen bei Solaranlagen. In diesem Artikel erfahren Sie, was ein Gleichstrom-Erdschluss ist, wie er auftritt, warum er von Bedeutung ist und welche Maßnahmen Sie ergreifen sollten, wenn Sie vor Ort mit einem solchen Fehler konfrontiert werden.

Was ist ein Erdschluss bei einer Photovoltaikanlage?

Was ist ein Erdschluss?

Ein Erdschluss ist ein unbeabsichtigter elektrischer Kontakt zwischen einem stromführenden Leiter (z. B. Gleichstrom führendes Plus- oder Minuskabel) und einer geerdeten Oberfläche, also in der Regel einem Metallteil wie Modulrahmen, Gestell oder Kabelkanal.

Auf der Gleichstromseite einer PV-Anlage bedeutet dies zumeist, dass ein Plus- oder Minusleiter Kontakt mit dem Erdungsleiter oder anderen geerdeten Metalloberflächen hat.

In einem Wechselstromkreis kann ein Erdschluss an jedem nicht geerdeten Leiter (L1, L2, L3) auftreten, während Gleichstrom-Erdschlüsse nur auf der Photovoltaikseite (d. h. vor dem Wechselrichter) eines Solar-Arrays auftreten.

Wo treten Gleichstrom-Erdschlüsse auf?

Gleichstrom-Erdschlüsse treten zumeist in folgenden Bereichen auf:

  • Am Modul: Ein beschädigtes oder eingeklemmtes Kabel berührt den Modulrahmen.
  • Im Anschlusskasten: Isolationsdefekt in einer Klemme oder Anschlussstelle.
  • In der Rückleitung: Schwingungen oder Wärmeausdehnung führen zu Verschleiß am Kabelkanal oder an der Kabelpritsche.
  • Während der Installation: Scharfe Kanten am Gestell, unsachgemäße Kabelführung oder Befestigungselemente verursachen Quetsch- oder Scheuerstellen an den Leitern.
  • Bei Nässe: Eindringendes Wasser kann den Kontakt zwischen Leitern und geerdeten Teilen herstellen.

Diese Probleme sind oft nicht sofort zu erkennen, weshalb für alle Photovoltaikanlagen ein Erdschlussschutz gemäß National Electrical Code (NEC) und den IEC-Normen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) obligatorisch ist.

Wie äußert sich ein Gleichstrom-Erdschluss aus elektrischer Sicht?

Ein Erdschluss verändert das Spannungsprofil eines PV-Strangs oder -Arrays auf elektrischer Ebene. Normalerweise sollte zwischen Leiter und Erde eine Spannung von 0 V anliegen. Wenn jedoch ein Fehler vorliegt, messen Sie zwischen einem oder beiden Leitern und der Erde eine Spannung ungleich null.

Sie messen auch weiterhin die erwartete Leerlaufspannung (Voc) zwischen den positiven und negativen Gleichstromleitern. Dadurch sind Erdschlüsse irreführend: Das Array kann normal Strom erzeugen, auch wenn ein gefährlicher Fehler vorliegt.

Wie tritt ein Erdschluss auf?

Gleichstrom-Erdschlüsse werden in der Regel verursacht durch:

  • Mechanische Beschädigung: Leiter werden beim Einbau oder durch Bewegungen eingeklemmt.
  • Umweltstress: UV-bedingte Schädigungen, Temperaturschwankungen, eindringende Feuchtigkeit
  • Defekte Isolation: Alterung, Hitze oder unsachgemäßes Abisolieren
  • Beschädigung durch Nager: Tiere, die Kabel in Kabelkanälen oder Anschlussdosen beschädigen

In vielen Systemen entwickeln sich Fehler nur langsam. Ein intermittierender Kontakt kann unbemerkt bleiben, bis er zu einem permanenten Erdschluss wird, der den Wechselrichter auslöst oder sichtbare Schäden verursacht.

Darum sind Gleichstrom-Erdschlüsse gefährlich

Gleichstrom-Erdschlüsse sind nicht nur unangenehm, sondern potenziell gefährlich. Fehler mit geringen Stromstärken bleiben insbesondere bei großen PV-Anlagen oft unentdeckt, sodass sich die Situation im Laufe der Zeit verschlimmern kann.

Wenn an einem anderen Leiter ein zweiter Erdschluss auftritt, entsteht möglicherweise ein paralleler Strompfad, der folgende Konsequenzen haben kann:

  • Lichtbögen
  • Elektrobrände
  • Lichtbogenüberschläge bei Hochspannung
  • Schwere Schäden an der Anlage

2009 wurde ein Feuer auf einem Dach im kalifornischen Bakersfield durch genau dieses Szenario ausgelöst: Ein erster kleiner Erdschluss wurde bei einem zweiten Defekt zu einem Leiter für Strom mit mehr als 300 A. Das Ergebnis waren ein geschmolzener Leiter, eine gebrochene Isolierung und ein Großbrand.

Weitere Informationen zu den Risiken finden Sie hier: Darum sind Gleichstrom-Erdschlüsse gefährlich

Wie werden Gleichstrom-Erdschlüsse erkannt?

Wechselrichter müssen über eine GFDI (Erdschlusserkennung und -unterbrechung) oder eine GFP (Erdschluss-Schutzvorrichtung) verfügen, die Fehler erkennen und den Wechselrichter ausschalten. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch vom Anlagendesign ab:

  • Wechselrichter mit Transformator haben häufig eine GFDI mit Sicherung, die Fehler mit zu schwacher Stromstärke möglicherweise nicht erkennt.
  • Wechselrichter ohne Transformator sind mit Fehlerstrom-Schutzschaltern (RCD) ausgestattet, die Fehlerströme bereits ab 300 mA erkennen.
  • Die modulseitige Leistungselektronik (MLPE), z. B. Optimierer oder Mikrowechselrichter, verfügt oft über eine integrierte Erdschlusserkennung auf Modulebene.

Was ist zu tun, wenn ein Erdschluss erkannt oder vermutet wird?

Wenn ein Erdschluss vermutet wird oder ein Wechselrichter aufgrund der Auslösung eines GFDI abschaltet, besteht der nächste Schritt darin, die Fehlerquelle zu orten und gefahrlos zu reparieren.

Sie können sich dabei an diese detaillierten Anweisungen halten:

Die Rolle der Erdung bei der Fehlervermeidung

Die richtige Erdung der Anlage ist die beste Verteidigung. Das sind die wichtigsten vom NEC festgelegten Komponenten in einer geerdeten PV-Anlage:

  • Schutzleiter (EGC, Equipment Grounding Conductor): als Potenzialausgleich zwischen allen Metallteilen und als Fehlerstrompfad
  • Erdungsleiter (GEC, Grounding Electrode Conductor): verbindet die Anlage mit der Schutzerde (in der Regel über einen Erdstab)
  • Funktionserdleiter: ein stromführender Leiter, der absichtlich in einer Anlage geerdet wird (in der Regel der Minusleiter)

Bei einem Erdschluss tritt ein Leckstrom aus dem Stromkreis aus und fließt durch den Schutzleiter. Daher sind ordnungsgemäße Vorrichtungen für Potenzialausgleich, Abschlusswiderstand und Leitungsverlegung für den langfristigen Zustand der Anlage von entscheidender Bedeutung.

Sind alle Erdschlüsse gleich?

Nein, es gibt zwei Hauptarten von Gleichstrom-Erdschlüssen:

  • Permanenter Erdschluss: dauerhafter niederohmiger Kontakt.
  • Intermittierender Erdschluss: hochohmiger Kontakt, der nur unter bestimmten Bedingungen auftritt (z. B. bei Regen, Temperaturänderungen, Bewegungen des Nachführsystems).

Möchten Sie mehr über die genauen Unterschiede wissen? Lesen Sie: Wo liegt der Unterschied zwischen einem permanenten und einem intermittierenden Erdschluss?

Zukünftige Technologien und Prävention

Neuere Technologien tragen dazu bei, Häufigkeit und Schwere von Erdschlüssen zu verringern:

  • Wechselrichter ohne Transformator, die schwache Leckströme erkennen
  • Modulseitige Leistungselektronik, die Fehler auf Modulebene isoliert
  • Automatische Isolationswiderstandsprüfung während des Systemstarts oder täglichen Betriebs

Zusammenfassung

Ein Gleichstrom-Erdschluss ist ein kritisches Problem in einer PV-Anlage, bei dem ein Leiter unbeabsichtigt mit einer geerdeten Metalloberfläche in Kontakt kommt. Es kann zu unentdeckten Leckströmen, gefährlichen Lichtbögen oder sogar Bränden kommen.

Zu verstehen, was ein Erdschluss ist und wie er erkannt, isoliert und repariert werden kann, ist für jeden Solartechniker und Systementwickler eine unverzichtbare Kompetenz. Glücklicherweise lassen sich Erdschlüsse mit einem strukturierten Ansatz und den richtigen Werkzeugen sicher und effizient diagnostizieren.

Über den Autor

Will White begann seine Karriere im Solarbereich 2005 bei einem kleinen Solaranbieter. Nach seinen Anfängen als Installateur arbeitete er in den Bereichen Vertrieb, Entwicklung und Projektmanagement und wurde schließlich zum Director of Operations ernannt. 2016 stieß er zum Schulungsteam bei Solar Energy International (SEI), wo er sich auf die Entwicklung von Kursinhalten und die Durchführung von Kursen zu Solaranlagen konzentrierte. Im Jahr 2022 wechselte White als Spezialist für Solaranwendungen zu Fluke, wo er den Bereich Testgeräte für erneuerbare Energien wie IU-Kurvenschreiber, Strommessgeräte und Wärmebildkameras betreut.

White hat Erfahrungen in den Bereichen Windkraft, Solarthermie, Energiespeicherung und PV in jeder Größenordnung. Er setzt sich leidenschaftlich für die Umsetzung hochwertiger, richtlinienkonformer Installationstechniken ein. Will White ist seit 2006 ein vom NABCEP zertifizierter PV-Installationsfachmann und war zuvor Solarwärme-Installationsfachmann mit NABCEP-Zertifizierung. Er hat einen B.A. in Business Management vom Columbia College, Chicago, und einen MBA von der University of Nebraska-Lincoln. In seiner Freizeit arbeitet er mit seiner Frau und Tochter auf dem Familienbauernhof mitten in Vermont, zu dem ein netzunabhängiges Strohballenhaus gehört.

Folgen Sie Will White auf LinkedIn.

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